Freitag, 20. März 2015

Praetorius: Organ Works (cpo)

Schon seit geraumer Zeit engagiert sich KMD Friedhelm Flamme, Orgelwerke des norddeutschen Barock auf historischen Instrumenten vorzustellen. Für diese CD hat er gleich zwei Raritäten miteinander verknüpft – er spielt an der Scherer-Orgel der St. Stephanskirche Tangermünde Orgelmusik von Hieronymus Praetorius (1560 bis 1629). 
Dabei handelt es sich um einen der wichtigsten Hamburger Musiker seiner Zeit. Er wirkte, nach einigen Lehr- und Wanderjahren, die ihn unter anderem nach Köln und nach Erfurt führten, wie schon sein Vater als Organist an St. Jacobi. Praetorius war hoch angesehen; seine Vokal- kompositionen erschienen bereits zu Lebzeiten im Druck. Auch als Orgel- sachverständiger war er gefragt, so reiste er 1596 nach Gröningen bei Halberstadt zu einem legendären Treffen der führenden Organisten, die dort die neue Schlosskirchenorgel begutachteten. Der Musiker hatte sieben Kinder – drei seiner Söhne wurden ebenfalls Organisten, einer Theologe. 
Etliche Werke von Hieronymus Praetorius sind durch einen Schüler seines Sohnes Jakob überliefert worden; die Tabulatur befindet sich heute in Visby auf der Insel Gotland. Friedhelm Flamme stellt auf den beiden CD Praetorius' Magnificat-Zyklen komplett in den acht Kirchentönen vor. Zu hören sind zudem drei der insgesamt 19 Hymnus-Kompositionen aus der Visby-Tabulatur, sowie einige liturgische Stücke und die beiden Choral- fantasien Wenn mein Stündlein vorhanden ist (1624) und Christ, unser Herr, zum Jordan kam (1625). 
Ein passendes Instrument aus jener Zeit fand Flamme in Tangermünde: Die Orgel in der dortigen St. Stephanskirche wurde 1623/24 durch den Hamburger Orgelbauer Hans Scherer d. J. errichtet. Er war damals der bedeutendste Orgelbauer Norddeutschlands. Zwar wurde dieses Instrument in späteren Jahrhunderten mehrfach umgebaut, doch dabei blieben sowohl das prachtvolle Gehäuse mit seinen Schnitzereien als auch gut die Hälfte der Orgelpfeifen, darunter sämtliche Prospektpfeifen, erhalten. In den 90er Jahren wurde die Orgel daher durch die Firma Alexander Schuke Orgelbau aus Potsdam restauriert und dabei das fehlende Pfeifenwerk originalgetreu ergänzt, so dass dieses kostbare Instrument heute wieder als eine Scherer-Orgel im Originalzustand gespielt werden kann. 
Friedhelm Flamme präsentiert nicht nur die Musik eines Komponisten, der für die Entwicklung des norddeutschen Orgelbarock bedeutende Impulse gegeben hat. Er nutzt diese Werke zugleich, um auch das Instrument umfassend vorzustellen. Diese Aufnahmen zeichnen sich darüber hinaus durch eine hervorragende technische Qualität aus, so dass der Zuhörer den Klang geradezu räumlich um sich hat. Rundum beeindruckend! 

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