Dienstag, 24. März 2015

Bach - Händel - Werke in romantischen Orgelbearbeitungen (MDG)

Nachdem die Werke Johann Se- bastian Bachs durch die Romantiker einmal wiederentdeckt waren, spielten Organisten in ganz Europa begeistert seine Musik. Doch im
19. Jahrhundert klangen die Instrumente bereits ganz anders als zu Bachs Zeiten. Wie Organisten die barocken Musikstücke an die neuen Möglichkeiten anpassten, das demonstriert Professsor Wolfgang Baumgratz an der Sauer-Orgel des Bremer Doms auf dieser CD. So hat Arno Landmann (1887 bis 1966), als Organist an der Christuskirche in Mannheim mit einem wirklich großen Instrument bestens vertraut, eine Bearbeitung von Bachs Chaconne für Violine allein geschaffen, die buchstäblich alle Register einer spätromantischen Konzertorgel ausreizt – und vom Organisten ebenfalls enorme Kunstfertigkeit einfordert. „Daß bei der vollendeten Kunst, mit der Bach den Violinpart seiner Sonaten durchführt, eine Ergänzung nicht notwendig ist, steht außer Frage“, schrieb Landmann seinerzeit im Vorwort dazu. „Wenn die vorliegende Bearbeitung der Chaconne für Orgel trotzdem erfolgte, so geschah es lediglich im Hinblick auf den außerordentlichen Inhalt und die über die Grenzen der Violine hinausgehenden machtvollen Steigerungen des Werkes. Bezüglich des Stils der Bearbeitung war der Herausgeber bestrebt, dem Beispiel zu folgen, das J. S. Bach in seinen eigenen Orgel- bearbeitungen von Violincompositionen (..) gibt.“ 

Alexandre Guilmant (1837 bis 1911) spielte in den Concerts du Trocadéro eine Orgel von Aristide Cavaillé-Coll. Dieses Instrument aus dem Jahre 1878 war die erste große Konzertsaalorgel in Frankreich. Auch Guilmant hat bekannte Musikstücke speziell dafür arrangiert. Baumgratz stellt hier eine sehr phantasievolle Version des Konzerts für Orgel und Orchester
d-Moll
von Georg Friedrich Händel für Orgel allein vor, und eine ebenso schlichte Bearbeitung der Sonatina aus der Bach-Kantate Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit. William Thomas Best (1826 bis 1897) war Organist an der St. George's Hall in Liverpool. Dort stand ihm die erste große englische Konzertsaalorgel des 19. Jahrhunderts zur Verfügung. Er hat die Passa- caille aus Händels Cembalo-Suite in g-Moll eher zurückhaltend für dieses Instrument bearbeitet. 

Max Reger (1873 bis 1916) hat sich mit Bachs Musik lebenslang ausein- andergesetzt. So hat er Stücke aus dem Wohltemperierten Clavier für Orgel eingerichtet, ohne Bachs Notentext anzutasten. Präludium und Fuge
g-Moll
BWV 885 geben dafür ein gutes Beispiel. Der Leipziger Komponist Sigfrid Karg-Elert (1877 bis 1933) hat Bachs Werke ebenfalls sehr respektvoll behandelt. Doch auch wenn seine Bearbeitung von Teilen der Motette Singet dem Herrn ein neues Lied das Original fast notengetreu auf die Orgel überträgt, beeindruckt sein Umgang mit der Doppelchörigkeit sehr. Freier gestaltet Karg-Elert seine Fassung des berühmten Air aus Bachs D-Dur-Orchestersuite. Für die moderne Orgel „wie geschaffen“ fand er zudem das Air und die fünf Variationen Händels aus der E-Dur-Suite, besser bekannt als The harmonius blacksmith. Auch hier orientierte er sich wieder eng an Händels Notentext – aber nicht zu eng, denn sein Anliegen war es, das Instrument so recht zur Geltung zu bringen, bestätigt er in einer Anmerkung zu diesem Stück: „Die eigenmächtigen Änderungen wurden vorgenommen, um der Eigenart und der Wesenheit der farbenreichen und ausdrucksreichen modernen Orgel mehr Spielraum zu gewähren, figura- tive Profilierung der einzelnen Variationen schärfer auszuprägen und die Klimax in größerer Kurve zu erreichen, als es für das monochrome und dynamisch erheblich bescheidenere Klavier Notwendigkeit ist.“ 

Baumgratz hat dafür mit der Sauer-Orgel im Dom zu Bremen ein spannen- des Instrument zur Verfügung. 1894 errichtet, 1905 erweitert und dann mehrfach umgebaut, wurde diese Orgel Mitte der 90er Jahre durch die Orgelwerkstatt Christian Scheffler aus Sieversdorf bei Frankfurt/Oder erfolgreich restauriert und klanglich auf den Stand von 1905 zurück gebracht, wobei zusätzlich einige Register aus den orgelbewegten 30er Jahren übernommen wurden. Der Domorganist spielt ein abwechslungs- reiches Programm, das auch die Sauer-Orgel wunderbar präsentiert. 

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