Sonntag, 30. September 2012

Avi Avital - Bach (Deutsche Grammophon)

Darf man Bach auf der Mandoline spielen? Wenn man das Instrument so souverän beherrscht wie Avi Avital, dann kann das sogar sehr spannend werden. Er spielt dieses Instrument seit seinem achten Lebensjahr, berichtet der Musiker, der im israelischen Be'er Scheva aufgewachsen ist: "Ein Freund von mir nahm Unterricht auf der Mandoline, also beschloss ich, das gleiche zu machen. In der Stadt gab es ein sehr bekanntes Mando- linenorchester, in das ich eintrat. Wir spielten Arrangements von Mozart, Bach und andere Werke des klassischen Repertoires. Simcha Nathanson, ein sehr charismati- scher Lehrer, hatte es gegründet. Er war eigentlich ausgebildeter Geiger, und das erwies sich als großes Plus; die Musik war wichtiger als das Instrument. Und ich lernte, wie ich Musik durch ein Instru- ment vermitteln konnte, das nun einmal, wie es der Zufall so wollte, eine Mandoline war." 
Bach selbst hat etliche seiner Werke für eine veränderte Besetzung bearbeitet; so sind beispielsweise Konzerte, die ursprünglich wohl für Violine und Oboe geschrieben wurden, in der Version für Cembalo überliefert. "Musik für die Geige eignet sich auch für die Mandoline, da beide Instrumente die gleiche Stimmung haben", erläutert Avital im Beiheft. "Bei der Darstellung der langen Töne muss man erfinde- risch sein, damit man sie zum Singen bringt, ebenso bei den Verzie- rungen und anderen Details. Aber ich wollte noch einen Schritt weitergehen: Ich wollte Bachs Universalität herausstellen." 
So liegen die Cembalokonzerte BWV 1056 und 1052 in Rekonstruk- tionen für Violine vor. "Diese Übertragungen fühlen sich auf der Mandoline sehr stimmig an", meint Avital, "das Instrument selbst klingt aber mehr wie ein Cembalo." Deshalb hat der Musiker auch die Cembalo-Fassungen sehr sorgfältig geprüft, und daraus übernommen, was für die Mandoline passt. 
Auch das Violinkonzert in a-Moll BWV 1041 klingt auf der Mandoline durchaus gut. Und Avital beweist, dass man auf dem Instrument selbst eine Flötensonate - es erklingt die Sonate in e-Moll BWV 1034 - vortragen kann. Begleitet wird der Solist dabei durch die Kammer- akademie Potsdam, die sich erneut als versierter und experimentier- freudiger musikalischer Partner erweist. So wird der Zuhörer selbst bei bekannten Werken wie dem a-Moll-Violinkonzert Details neu entdecken, die ihm nie zuvor aufgefallen waren. "Bachs Musik ist voller Geheimnisse", bestätigt Avi Avital. "Egal, wie lange man sie schon spielt, immer gibt es etwas Neues zu entdecken. Wenn man ein anderes Instrument einsetzt, kann man die Zeitlosigkeit dieser Musik auf ganz neue Weise erleben." 

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