Sonntag, 1. Juli 2012

Bach: French & English Suites (Oehms Classics)

"Prägende Ereignisse vergisst man nicht", berichtet Blockflötist Stefan Temmingh im Beiheft zu dieser CD. "So kann ich mich sehr genau an meine erste bewusste Begegnung mit Johann Sebastian Bach er- innern. Ich war ungefähr acht Jahre alt, als in meinem Eltern- haus eine CD mit den Concerti für drei und vier Cembali mit The English Concert unter Trevor Pinnock in meine Hände gelangte. Die Aufnahme schlug mich sofort in ihren Bann, und ich hörte sie mir stundenlang an. Damit begann meine Liebe für die Alte Musik und für Bach im Besonderen." 
Diese Liebe hat hier Frucht getragen: Temmingh hat gemeinsam mit Domen Marincic, Viola da gamba, und dem Lautenisten Axel Wolf Werke des verehrten Komponisten eingespielt. Schon der Blick auf die Besetzung zeigt: "Original"werke können es nicht sein, denn für Block- flöte, Gambe und Laute hat Bach nichts komponiert. Die Musiker setzten daher auf ein Verfahren, das Bach selbst auch gern und viel verwendet hat. Sie haben Stücke bearbeitet, beispielsweise die Engli- sche Suite Nr. 2 BWV 807, die Französischen Suiten Nr. 5 BWV 816, hier in C-Dur, und Nr. 3 BWV 814. Das greift die barocke Praxis auf, Cembaloliteratur umzuinstrumentieren, so dass sie mit Melodie- instrumenten gespielt werden kann. Es ist ihnen aber nicht durchweg überzeugend gelungen, zumal Blockflöte und Laute mit dem doch recht massiven Klang der Gambe nicht durchweg im Gleichgewicht sind. 
Zu hören sind zudem das Siciliano aus der c-Moll-Violinsonate BWV 1017 und Wachet auf, ruft uns die Stimme BWV 645 aus den Schübler-Chorälen, das sich als Orgelstück in seiner Dreistimmigkeit dazu geradezu anbietet.
Außerdem erklingen Versionen des Pedal-Exercitiums BWV 598 für Gambe solo, des Preludes BWV 1006a - diese Bearbeitung stammt ausnahmsweise einmal von Bach selbst - und auch der Fuge in g-Moll BWV 1000 für Laute solo. Eines muss man sagen: Wer sein Instru- ment so beherrscht, wie diese drei Musiker, der darf sich an solche Experimente wagen. Temmingh spielt einmal mehr furios - und selbst wenn einen vielleicht einmal eine Bearbeitung nicht ganz so begei- stert, so entschädigen Virtuosität und Leidenschaft, die das Trio hier aufbietet, voll und ganz dafür.

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