Sonntag, 26. Februar 2012

Weiss: Lute Sonatas (Naxos)

Sylvius Leopold Weiß (1687 bis 1750) stammte aus Schlesien, vermutlich aus Grottkau. Sein Vater spielte Laute und Theorbe, und er unterwies auch seine Kinder in dieser Kunst. Sylvius Leopold Weiß muss ein Wunderkind gewe- sen sein; er soll schon im Alter von sieben Jahren vor Kaiser Leopold I. gespielt haben. Eine erste An- stellung fand er am Hof von Karl Philipp von Pfalz-Neuburg. Er reiste im Gefolge des polnischen Prinzen Alexander Sobieski nach Italien, was natürlich Auswirkungen auf seine Musik hatte, die sich ansonsten stark an französischen Vorbildern orientiert. 1717 spielte Weiß erstmals am Dresdner Hof vor; ein Jahr später wurde er Kammerlautenist Augusts des Starken. In Sachsen blieb Weiß bis an sein Lebensende; er schlug dafür sogar ein enorm hoch dotiertes Engagement in Wien aus. 
Mit Bach war Weiß offenbar gut bekannt. Johann Friedrich Reichardt berichtet, dass die beiden Musiker um die Wette improvisierten: "Wer die Schwierigkeiten der Laute für harmonische Ausweichungen und gut ausgeführte Sätze kennt, der muss erstaunen und kann es kaum glauben, wenn Augen- und Ohrenzeugen versichern, dass der große Dresdner Lautenist Weisse mit Sebastian Bach, der auch als Klavier- und Orgelspieler groß war, in die Wette phantasiert und Fugensätze ausgeführt hat." 
Sein Kollege Ernst Gottlieb Baron, am preußischen Hof angestellt, geriet beim Gedanken an Weiß geradezu ins Schwärmen: "Er ist der Erste gewesen, welcher gezeiget, daß man mehr könnte auf der Laute machen, als man sonsten nicht geglaubet", schrieb er 1727. "Und kann ich, was mein Vertu anbetrifft, aufrichtig versichern, daß es einerley, ob man einen künstlichen Organisten auf einem Clavier- cimbel seine Fantasien und Fugen machen, oder Monsieur Weißen spielen hört. In denen Harpeggio hat er so eine allgemeine Voll- stimmigkeit, in exprimirung derer Affecten ist er incomparable, hat eine stupende Fertigkeit, eine unerhörte Delicatesse und cantable Anmuth, und ist ein großer Extemporaneur, da er im Augenblicke, wenn es ihm beliebig, die schönsten Themata, ja gar Violinconcerte von ihren Noten wegspielt, und extraordinär sowohl auf der Lauten, als Tiorba den Generalbaß accompagnirt." 
Desto mehr verwundert es, dass Weiß' Werke eher zögerlich aus diver- sen Archiven zusammengetragen, ediert und eingespielt werden. Bei Naxos erscheint nun die erste Gesamteinspielung seiner Lauten- sonaten. Das Label konnte dafür Robert Barto gewinnen, der ganz offenkundig zu den besten Lautenisten unserer Zeit gehört. Denn wie er die teilweise enorm anspruchsvollen Werke zum Klingen bringt, das verlangt höchsten Respekt. Diese Aufnahmen sind herausragend, und ein Hörvergnügen vom ersten bis zum letzten Ton. Bravo! 

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