Dienstag, 10. Mai 2011

Cavalli: Artemisia (Glossa)

Francesco Cavalli ( 1602 bis 1676) gehört mit Claudio Monteverdi und Antonio Cesti zu den erfolg- reichsten Opernkomponisten der ersten Generation. Mitte des
17. Jahrhunderts begann in ganz Europa eine rege Nachfrage nach Werken der neuen Gattung. Denn der europäische Adel reiste gern zum Karneval nach Venedig - und Venedig war schier verrückt nach Opern; dort gab es bereits 1637 die erste kommerzielle Oper, und schon bald existierten etliche Opernunternehmen, die untereinander heftig konkurrierten.

Cavalli entwickelte gemeinsam mit dem Librettisten Giovanni Fausti- ni das oftmals kopierte Erfolgsmodell: Eine Liebesintrige, die zwei Paare erst entzweite und dann wieder zusammenführte, allegorisch überhöht, mit anspruchsvollen Arien und einem mitunter bissig kommentierenden Orchesterpart, der aber nicht zu üppig ausfiel - denn die Musiker mussten schließlich auch aus den Einnahmen ent- lohnt werden. 
In der Oper Artemisia, uraufgeführt 1657 in Venedig, treiben Cavalli und sein Librettist Nicolò Minato dieses Prinzip auf die Spitze - hier sind es gleich drei Paare, deren Beziehung in Gefahr ist. Allen voran Königin Artemisia, die heftig um König Mausolo trauert und seinem Mörder Meraspe Rache schwört. Doch der Verbrecher ist nicht etwa entflohen, sondern er steht als Diener Clitarco im Dienst der Königin - und wird von dieser leidenschaftlich geliebt. Das aber kann sie nicht wirklich zulassen. Denn vom Diener trennt sie der Stand, von Meraspe der Mord an Mausolo. 
Clitarco aber wird von Artemia begehrt, der wiederum ein Ramiro hinterherschmachtet. Und die Königin belästigt ihr General Alindo - sehr zum Ärger seiner Verlobten Oronta, die, verkleidet als Aldimiro, in seine Dienste getreten ist, um den Untreuen zurückzugewinnen. Genügend Chaos also, über das sich dann noch drei komische Figuren in einer Nebenhandlung lustig machen dürfen - und Cavalli hat daraus ein Verwirrstück gemacht, dass ebenso reich ist an Tempo wie an schönen Melodien. Artemisia ist zwar ganz sicher noch kein Belcanto, aber schon hörbar auf dem Wege dorthin.
Claudio Cavina und das Ensemble La Venexiana haben diese Oper im vergangenen Sommer erstmals wieder aufgeführt, und wurden dafür zu Recht gefeiert. Ein Mitschnitt dieser offensichtlich halbszenischen Aufführung, die ihre Premiere in Hannover-Herrenhausen hatte, und dann später auch in Frankreich und Italien zu erleben war, ist nun bei dem Label Glossa erschienen - ganz exzellent musiziert, und wirklich zu empfehlen. 

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