Sonntag, 22. August 2010

Bonjour Paris - Albrecht Mayer (Decca)

In ihrem "Geburtsland" Frankreich war die Oboe als Soloinstrument bald nach Jean-Baptiste Lully und Nicholas Chédeville seltsamer- weise wenig gefragt. Zwar kompo- nierten Camille Saint-Saens und Francis Poulenc für Oboe. Doch weder Debussy, Fauré noch Ravel haben für das Blasinstrument ein Konzert oder wenigstens ein bedeutendes Kammermusikwerk geschrieben.
Albrecht Mayer, der Frankreich sehr zugetan ist und immerhin auch bei Maurice Bourgue studiert hat, fand diese Repertoirelücken schmerzlich - und schloss sie in bewährter Art und Weise: Für seine musikalische Huldigung an das Nachbarland ließ er berühmte Melo- dien für Oboe und Orchester arrangieren, wie Saties Gymnopédies und Debussys Clair de lune. Dass es sich dabei ursprünglich um Klavierstücke handelt, nimmt der Hörer staunend zur Kenntnis. Durch diese Bearbeitungen voll Poesie, musiziert mit dem für Mayer charakteristischen singenden, runden und warmen Oboenton, wird er daran aber nicht unbedingt erinnert. 
Mayer ist ohne Zweifel einer der besten Oboisten seiner Generation. Das kitschige Cover mit Blick über die Dächer der Musikmetropole an der Seine übersieht man ganz schnell. Denn Mayer bringt beispiels- weise Pavane und Sicilienne von Gabriel Fauré sanft zum Schweben und Tanzen. Und natürlich darf die Pavane pour une infante défunte von Maurice Ravel nicht fehlen - mit besten Grüßen an die Zwölf Cellisten, seine Kollegen bei den Berliner Philharmonikern, die erst vor kurzem ein ähnliches Album präsentiert haben.
Mayer verwandelt ein Lied von Reynaldo Hahn, Professor für Gesang an der École normale de musique de Paris sowie Direktor der Pariser Oper, in ein zauberhaftes Chanson ohne Worte. Er spielt aber auch einige Originalkompositionen, wie das Oboenkonzert L’horloge de Flore von Jean Françaix, das er schon öfter im Konzert vorgestellt hat. Als Weltersteinspielung erklingt Été, das der Schweizer Kompo- nist Gotthard Odermatt eigens für den Oboisten geschrieben hat - ein wundervolles, federleicht dahingetupftes Stück, das wie die akustische Version eines sonnendurchglühten impressionistischen Gemäldes erscheint. Traumhaft!


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