Samstag, 15. Mai 2010

If Haydn had written for Oboe (Caro Mitis)

"Seit einiger Zeit beginne ich mein Tagewerk mit einem reizenden Morgensegen", so schrieb der Komponist, Pianist und Dirigent Ferdinand Hiller vor 130 Jahren, "ich lese täglich ein Quartett von Haydn, - dem frommsten Christen kann ein Capitel aus der Bibel nicht wohler thun." Eine solche Lektüre hätte wohl auch den Machern dieser CD gut getan - denn Haydn hat sehr wohl für Oboe "geschrieben".
Die Sinfonia Concertante
Hob. I:105 für Violine, Cello, Oboe und Fagott gehört sogar zu den bekannten Stücken des Komponisten. Anders als beim Konzert für Oboe und Orchester C-Dur Hob. VIIg:C1, als deren Urheber mittler- weile Leopold Kozeluch vermutet wird, ist hier auch die Autorschaft unumstritten. Und es ist kaum zu vermuten, dass dem russischen Oboisten Alexej Utkin, der die Bearbeitungen für diese CD schuf, Haydns Sinfonia Concertante unbekannt ist. 
Warum also dieses Verwirrspiel, ganz im Stile der Regenbogenpresse? Man schüttelt genervt den Kopf - und hört sich die CD an. Sie beginnt mit dem Doppelkonzert F-Dur für Violine und Cembalo Hob. XVIII:6, wobei Utkin den Part des Tasteninstrumentes der Oboe überträgt. Das kann man durchaus so machen, auch wenn sich die Klangfärbung des Werkes dadurch extrem verändert. 
Es folgt das Quartett F-Dur Hob. III:48 - eines der Preußischen Quartette, bekannt unter dem Titel "Der Traum". Hier übernimmt die Oboe die Stimme der zweiten Violine; der Einsatz eines Cembalos macht zudem deutlich, dass Utkin das derart modifizierte Werk ganz in barocker Tradition sieht. Haydn hätte zu diesem gewagten Schritt möglicherweise genickt; der langsame zweite Satz jedenfalls, Poco adagio, klingt mit Oboe wirklich nett. Aber mir persönlich gefällt das Werk in seiner Originalversion besser.
Abschließend erklingt das Violinkonzert G-Dur Hob. VIIa:4, transkri- biert für die Oboe; technisch durchaus anspruchsvoll, und an Witz und Einfallsreichtum ein typischer Haydn. Alexej Utkin wird begleitet durch das von ihm gegründete und geleitete Hermitage Chamber Orchestra; obwohl sich aber die Eremitage in Petersburg befindet, hat dieser Klangkörper seinen Sitz in Moskau. 
Insgesamt hinterlässt die CD einen schalen Eindruck. Das ist alles ganz hübsch, aber nicht überragend. Und das Marketing lässt dann eher schaudern - Prädikat: Mehr Schein als Sein. 

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