Samstag, 13. Februar 2010

Handel: Ezio (Deutsche Grammophon)

Händels Oper Ezio war kein Publikumserfolg. Nach ihrer Premiere 1732 wurde sie nur viermal gespielt, und verschwand dann im Nirwana der Archive und Bibliotheken. Diese Einspielung mit Il Complesso Barocco unter Alan Curtis lässt ahnen, warum. 
Metastasio, der Autor des Librettos, sah Rezitative als Träger des Geschehens und Arien als Werkzeuge der Reflektion. Der Komponist und Operndirektor Händel jedoch, der wusste, dass die Briten lange Rezitative nicht schätzen, strich Metastasios Werk kräftig zusammen - mit dem Ergebnis, dass das Drama teilweise unverständlich wurde.
Der Kenner mag sich an der Musik erbauen - der erste Akt aber zieht sich dennoch hin; und Händels Star Senesino in der Titelrolle blieb der große Auftritt mit einer eindrucksvollen Arie verwehrt. Seine große Stunde kam erst im dritten Akt, mit der bravourösen Arie "Se la mia vita". Für Fulvia, die Tochter des Verschwörers Massimo, die den Feldherrn liebt und ihn nur retten kann, wenn sie ihren Vater denunziert, schuf Händel eine grandiose Szene am Rande des Wahnsinns. Und das sozusagen letzte Wort erhielt mitnichten der siegreiche und rehabilitierte Ezio, sondern dessen subalterner Freud Varo, dem Händel kurz vor dem Finale eine beeindruckende Arie mit obligater Trompete schrieb. Zum ersten Male bekam ein Bassist eine große Partie, abseits der traditionell für diese Stimmlage vorgesehenen Väter und Priester.
Mit solchen Innovationen aber dürfte der Komponist sowohl den Kastraten als auch das Publikum verärgert haben; da nützt auch die wundervolle sprechende Musik nichts, die selbst viele der weniger ansprechenden Arien begleitet. Das Werk hat seine Längen, und nicht alle Abschnitte wirken gleichermaßen inspiriert. 
Das gilt auch für diese Einspielung der Oper. Ann Hallenberg singt den Ezio, mit androgynem Timbre. Sonia Prina als römischer Kaiser Valentinian erlaubt sich für meinen Geschmack zuviel Vibrato. Karina Gauvin brilliert als Fulvia. Anicio Zorzi Giustiniani ist ein zorniger, verbitterter Massimo. Nicht gerade eine Traumrolle für einen Tenor. Durch seine Virtuosität überzeugt der Bassist Vito Priante als Varo - er lässt ahnen, für welch beeindruckende Stimme seinerzeit diese Partie entstanden ist.

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