Dienstag, 30. Mai 2017

Graun: Opera Arias - Julia Lezhneva (Decca)

Bei der Vorbereitung eines Konzertes im Schloss Sanssouci hielt Julia Lezhneva zum ersten Male eine Arie von Carl Heinrich Graun (1704 bis 1759) in den Händen – Mi paventi aus der Oper Britannico, wird im Beiheft zu dieser CD berichtet: „I was completely amazed by this fabulous aria“, schwärmt die Sängerin. „It is so beautiful and emotional that I felt myself trembling when I sang it. It was written for one of the greatest female sopranos of the time, Giovanna Astrua. (..) Unlike Handel and Porpora, where you can feel that castrati were still reigning supreme in opera and dominating the concert stage, it seems that Graun had a deep love of the natural female voice and tried to make women equal to the castrati, creating lots of roles for them with as much emotional and dramatic range as possible.“ 
Carl Heinrich Graun stand, wie auch sein Bruder, der Konzertmeister Johann Gottlieb Graun (1702/03 bis 1771), im Dienst Friedrichs II. von Preußen. Zu seinen Aufgaben als Hofkapellmeister gehörte unter anderem die Leitung des Berliner Opernhauses, für das er auch selbst zahlreiche Werke komponierte. In den Beständen der Staatsbibliothek Berlin, gegenüber dem Opernhaus, befinden sich Abschriften etlicher dieser Opern. Julia Lezhneva hat diese alten Handschriften gemeinsam mit dem Dirigenten Michail Antonenko durchgesehen, um Arien für dieses Album herauszusuchen. 
Mit Ausnahme von Mi paventi handelt es sich dabei durchweg um Welt- ersteinspielungen. „Graun goes deep into a character's emotions, and we chose pieces displaying different kinds: furioso, lamenting, ,character', tragic, bravura and utterly joyful“, so die Sängerin. Dennoch sind seine Werke von der Opernbühne vollkommen verschwunden. 
Den Grund dafür ahnt man bald. Denn insbesondere die Arien, die durch Leidenschaften motiviert sind, erfordern eine enorme Virtuosität. Rasante Koloraturen, ganze Ketten von Verzierungen – mit ihrer Kehlfertigkeit hätte Julia Lezhneva wohl auch einen Porpora beeindruckt. Mir persönlich aber gefällt ihr Gesang am besten dort, wo sie große Linien gestaltet und langsamen Stücken Farbe gibt. Ein gutes Beispiel dafür ist ein Klagelied aus Grauns Oper Mithridate: „I was moved on tears when I first saw the score of ,Piangete, o mesti lumi'“, meint auch die Sängerin, „it is one of the most touching pieces of music I've ever seen.“ 
Begleitet wird die Sopranistin bei ihrem Ausflug in die Berliner Opern- geschichte vom Ensemble Concerto Köln unter Michail Antonenko. Die Musiker, die gerade im Bereich der Barockmusik schon viele Schätze gehoben haben, sind ihr ebenso zuverlässige wie temperamentvolle Partner. 

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