Samstag, 14. Januar 2017

Das Husumer Orgelbuch von 1758 (Brilliant Classics)

Zwei phantastische Orgeln und dazu passende Orgelmusik, faszinierend und von einem ganz eigenen Charak- ter, stellt der italienische Organist und Cembalist Manuel Tomadin auf dieser Doppel-CD vor. Es ist Orgelmusik aus Norddeutschland, handschriftlich zusammengetragen im Jahre 1758 in einem Sammelband von Bendix Friedrich Zinck (1715 bis 1799). Eigentlich lautet der Titel der Kollektion Praeludien, Fugen und Concerten für die Orgel mit Pedal; wer daraus dann das Husumer Orgelbuch machte, das kann wohl nur der Carus Verlag verraten, wo die Notenedition erschienen ist. Das Original jedenfalls befindet sich in der königlichen Bibliothek von Kopenhagen. 
Zinck stammte aus Schwabstedt – wie Nicolaus Bruhns. 1742 wurde er Organist in Husum; 1771 erhielt er das Amt des Domorganisten in Schleswig, welches er dann bis zu seinem Tode inne hatte. In der Familie hatte es offenbar etliche Musiker gegeben; das Husumer Orgelbuch über- liefert neben einem Adagio von Nicolaus Bruhns (1665 bis 1697) auch einige Werke von Hinrich Zinck (1677 bis 1751), dem Bruder von Bendix' Vater Aegidius Zinck (1680 bis 1715) – sie waren beide Organisten. 
Das Erstaunliche am Husumer Orgelbuch ist aber die Tatsache, dass es vor allem Konzerte enthält. Diese orientieren sich zwar am italienischen Vorbild, aber es sind Originalkompositionen für Orgel solo, und keine Transkriptionen, wie beispielsweise die Orgelkonzerte von Johann Sebastian Bach oder Johann Walther. Das ist neu und spektakulär, denn die meisten bislang bekannten Werke dieser Art sind Bearbeitungen von Orchestermusiken. 
Vier der Konzerte stammen von Christoph Wolfgang Druckenmüller (1687 bis 1741), drei von Marx Philipp Zeyhold (1704 bis 1760); sie waren Organisten in Jork und in Drochtersen, elbabwärts gelegen unweit von Hamburg, im Alten und im Kehdinger Land. Die verbleibenden fünf Konzerte sind anonym überliefert. 
Manuel Tomadin hat das Husumer Orgelbuch von 1758 an der Arp Schnitger-Orgel der Sint-Michaelskerk Zwolle, erbaut 1721, und an der Albertus Anthoni Hinsz-Orgel der Petruskerk in Leens, einem Instrument aus dem Jahre 1733, eingespielt. 

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