Sonntag, 27. Dezember 2015

Händel: Der Messias (BR Klassik)

Schon eine öffentliche Probe bewog seinerzeit die Kritiker zu Lobes- hymnen – und zur Uraufführung am 13. April 1742 in Dublin wurde darum gebeten, dass die Damen doch auf das Tragen von Reifröcken verzichten mögen, damit ausreichend Platz im Saal ist für die herbeiströmenden Zu- hörer. Bis heute gehört Der Messias zu den Publikumsfavoriten. Georg Friedrich Händel (1685 bis 1759) hat für dieses Oratorium ein Libretto von Charles Jennens (1700 bis 1773) vertont, das ausschließlich Texte aus der Bibel und dem Book of Common Prayer verwendet – eine weise Strategie, um Auseinandersetzungen mit der ziemlich konservativen Geistlichkeit aus dem Wege zu gehen; auch aus der Marketingperspektive war das clever, schließlich kannte diese Verse seinerzeit jedermann. Dank der Textpassagen, die überwiegend aus dem Alten Testament stammen, erlebt das Publikum das Leben Jesu als erfüllte Vorhersagen der Propheten. 
Wie das Publikum, so lieben auch Musiker dieses Oratorium. Peter Dijkstra hat Händels Werk nun mit dem Chor des Bayerischen Rundfunks und dem B'Rock Belgischen Kammerorchester Gent eingespielt. Er verabschiedet sich möglicherweise bereits mit dieser Aufnahme von dem Ensemble, das er seit 2005 geleitet hat, denn Dijkstra wechselt zum Nederlands Kamer- koor. Ab der Saison 2016/17 wird daher Howard Arman Künstlerischer Leiter des erfolgreichen Münchner Profi-Chores. 
Für jeden Chor ist Händels Messias eine dankbare Aufgabe. Denn das Oratorium enthält eine Vielzahl großartiger Chöre. Sie haben große Bedeutung für die Struktur des Werkes, und sind auch sehr populär – von And he shall purify the sons of Levi über For unto us a child is born über das berühmte Hallelujah! bis hin zum abschließenden Amen, einer gran- diosen Fuge. Natürlich sind auch unter den Arien etliche barocke „Super- hits“. Die Soli werden gesungen von Julia Doyle, Sopran, Lawrence Zazzo, Countertenor, Steve Davislim, Tenor, und Neal Davies, Bassbariton. 
Um es kurz zu machen: Der Chor des Bayerischen Rundfunks singt wirk- lich gut. Aber von den Solisten wird leider keiner ein Star werden, und auch das Orchester spielt nicht in der Champions League. Wer damit leben kann, der findet hier eine solide Aufnahme. Neben den beiden Musik-CD enthält die Box eine dritte Silberscheibe mit einer sehr gelungenen Werk- einführung von Markus Vanhoefer. Dieser umfassende Hör-Essay mit vielen Musikbeispielen macht diese Edition wertvoll, und empfehlenswert. Wer sich für Händels Arbeitsweise und für die Entstehung seiner Oratorien interessiert, der kann hier sehr viel lernen. 

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