Montag, 12. November 2012

Johann Christoph Bach: Arie variate & Lamenti (Etcetera)

"Dies ist der große und ausdrük- kende Componist", notierte Carl Philipp Emanuel Bach über seinen Vorfahren. Und der Jenaer Musiker Johann Jakob Syrbius berichtet, Johann Christoph Bach sei nicht nur ein "recht Miracul von einem Organisten", ihn habe auch beispielsweise Johann Pachelbel "über 1000 andere aestimiret".
Wer die vorliegende CD angehört hat, der wird ihm darin zustimmen. Sie gibt Einblick in das schmale überlieferte Werk des Komponisten. Die zwei Arie variate und eine Sarabanda variata sowie die Lamenti Ach, dass ich Wassers gnug hätte und Wie bist du denn, o Gott, in Zorn auf mich entbrannt lassen aufhorchen. Johann Christoph Bach, der als Organist in Eisenach wirkte, verstand offenbar sein Handwerk - und hatte kühne musikalische Ideen, die bis zum heutigen Tage begeistern.
Johann Christoph Bach (1642 bis 1703) war der Sohn des Arnstädter Organisten Heinrich Bach. An Tasteninstrumenten dürfte ihn sein Vater unterrichtet haben; es wird zudem vermutet, das ihn im Fach Komposition Kantor Jonas de Fletin unterwiesen hat, ein Schüler von Heinrich Schütz. 1663 wurde Johann Christoph Bach Organist der Schlosskapelle in der thüringischen Residenzstadt; zwei Jahre später ging er als Stadtorganist nach Eisenach. 1667 heiratete er er eine Arnstädter Bürgertochter. Das Paar hatte sieben Kinder; die vier Söhne wurden durchweg Organisten. Die Eisenacher Georgenkirche verdankte Johann Christoph Bach, der die Disposition erarbeitete und sich viele Jahre für den Neubau einsetzte, eine beeindruckende Orgel. Das Instrument, das lange das größte in Thüringen war, wurde von 1697 bis 1707 durch Georg Christoph Stertzing erbaut. Hinter dem Prospekt befindet sich heute eine Schuke-Orgel aus dem Jahre 1982.
Mario Martinoli spielt die Variationenwerke Johann Christoph Bachs auf einem Cembalo aus der Werkstatt von Keith Hill, Manchester /Michigan. Dabei handelt es sich um die Kopie eines Instrumentes des Amsterdamer Clavierbauers Johannes Bull aus dem Jahre 1765. Sein Klang passt exzellent zu den überwiegend ziemlich brillanten Variationen, die vom hohen Stand der Cembalo-Musik seinerzeit in Mitteldeutschland zeugen. 
Die beiden Lamenti für Solo-Gesang, Solo-Violine und begleitendes Gambenconsort erinnern in ihrer deklamatorischen Eindringlichkeit, die in erster Linie die Auslegung der biblischen Texte mit den Mitteln der Musik zum Ziel hat, an Werke von Heinrich Schütz. Es ist, insbe- sondere in dem Lamento für Bass, schier unglaublich, wie ausdrucks- stark Bach diese Musik gelungen ist. Ingrid Alexandre, Mezzosopran, und Salvo Vitale, Bass, gestalten im Dialog mit der Violine von Anais Chen ergreifende Klagegesänge. Das Ensemble Il Concerto delle Viole bettet gemeinsam mit Martinoli die kunstvolle Klage in einen archaisch wirkenden Teppich aus Gamben- und Orgelklängen ein. Das ist grandiose Musik, die neugierig macht auf ähnliche Entdeckungen - aber vielleicht finden sich ja im Laufe der Zeit in Archiven doch noch Werke des Thüringer Komponisten. 

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