Sonntag, 1. Januar 2012

Rossini: William Tell (EMI Classics)

Die letzte Oper von Gioachino Rossini (1792 bis 1868) galt dem Freiheitskampf der Schweizer gegen das Haus Habsburg. Antonio Pappano hat Guillaume Tell nun in der französischen Originalfassung nach der kritischen Edition für EMI Classics eingespielt. Dort erschien kürzlich der Mitschnitt einer kon- zertanten Aufführung mit Orche- stra e Coro dell'Accademia Nazio- nale di Santa Cecilia Roma vom Oktober und Dezember 2010. Und die hat es durchaus in sich. 
Denn die Geschichte um den Gesslerhut, den legendären Apfelschuss und den Rütlischwur hat der Komponist so umgesetzt, wie es dem französischen Geschmack entsprach. Das Ergebnis: Der Titelheld, Bassbariton, erhielt keine einzige "klassische" Arie. Der eigentliche Gegenspieler des verhassten Landvogts Gessler ist das Volk - und so treiben gewaltige Chöre das Geschehen voran. Damit jedoch auch die Liebhaber schöner Stimmen zu ihrem Recht kommen, gibt es in dieser Oper die Partie des Arnoldo Melcthal - mit 54 Bs, 15 Hs, 19 hohen Cs und zwei Cis. 
John Osborne empfiehlt sich damit als Rossini-Tenor; er erweist sich nicht nur sozusagen als höhensicher, sondern er zeigt auch Stilgefühl, das durchaus begeistert. Gerald Finley überzeugt als Guillaume Tell. Als Hedwige und Jemmy, Frau und Kind des Helden, sind Marie-Ni- cole Lemieux und Elena Xanthoudakis zu hören. Mathilde, Prinzessin aus dem Hause Habsburg, die große Liebe des Arnold Melcthal, sang Malin Byström. Doch die wahren Helden dieser Oper sind die wacke- ren Schweizer - der Coro dell'Accademia Nazionale di Santa Cecilia gibt ihnen Stimme, und macht deutlich, wieso diese Grand Opéra nach Schiller, erstmals aufgeführt 1829 in Paris, die Krönung und ein wür- diger Schlusspunkt von Rossinis Engagement als Opernkomponist war. Selbst Wagner bescheinigte seinem italienischen Kollegen, er habe hier "Musik für die Ewigkeit" geschrieben. 
Pappano zeigt mit den wuchtigen Chören und dem beredten Orche- sterpart, wie nah dieses Werk bereits den Opern Verdis ist - und warum Rossinis Guillaume Tell im von den Habsburgern beherrsch- ten Italien gar nicht willkommen war. Eine furiose Einspielung, die das selten gespielte Werk in Erinnerung bringt. 

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