Montag, 4. Juli 2011

Kirsten Flagstad (Audite)

Kaum zu glauben - aber diese Aufnahme ist ein Live-Mitschnitt aus dem Jahre 1952, entstanden wenige Wochen vor dem 57. Ge- burtstag von Kirsten Flagstad. Man lauscht erstaunt, und wundert sich darüber, welche Töne die berühm- te norwegische Sopranistin zu diesem Zeitpunkt noch produ- zieren konnte. Dass sie mitunter Höhe nur noch mit Kraft stemmen kann - geschenkt! denn wie beein- druckend klingt ihr geheimnisvoll-dunkel timbrierter Sopran, und wie gestaltet sie insbesondere die langen Töne, die großen Bögen. Das ist ganz große Gesangskunst. Man ahnt, wie diese Stimme einst geklungen haben mag, am Beginn einer Sängerlaufbahn, die hier nach mehr als drei Jahrzehnten schon ihrem Ende entgegengeht. Dennoch verfügt Flagstad noch hier über stimmliche Mittel, die auch in den nachfol- genden Generationen wohl so mancher Opernstar auch sehr gern gehabt hätte. Eine Gesangskarriere von einer solchen Dauer erscheint zudem heute, wo Sänger vielfach wie eine Wegwerfware verschlissen und verbraucht werden, wie ein Wunder. 
Die vorliegenden Mono-Mitschnitte der beiden Konzerte aus dem Berliner Titania-Palast mit dem Orchester der Städtischen Oper unter Georges Sebastian wurden von Audite phantastisch remastert. Sie enthalten Wagners Wesendonck-Lieder, die Flagstad mit Gänsehaut erzeugender Intensität vorträgt, Schlüsselszenen aus Wagners Tristan und Isolde sowie Brünnhildes Schlussgesang aus der Götterdämme- rung, ergänzt um den Monolog der Elektra aus Strauss gleichnamiger Oper sowie um drei seiner Vier letzten Lieder. Kirsten Flagstad hatte dieses Werk von Richard Strauss 1950 auf Wunsch des Komponisten uraufgeführt. Wenn die Sängerin in Kenntnis ihrer stimmlichen Re- serven auf das vierte Lied hier verzichtet, dann ist man geneigt, das klug zu finden; es bleibt auch so noch genug Substanz übrig, und der Klang dieser Stimme - unvergleichlich, faszinierend. 

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