Samstag, 4. Juni 2011

Beethoven (Onyx)

Nicht alles, was im Studio machbar ist, lässt sich auch im Konzert ver- wirklichen: "Wenn das Klavier während der Sitzungen mit einer zu geringen Luftfeuchtigkeit kämpfte und alle fünfzehn Minuten gestimmt werden musste, konnte man sich ab und zu schon nach der Stabilität eines neu gestimmten Steinway sehnen", meint Kristian Bezuidenhout. "Doch jetzt, wo alles getan ist, sind wir zuversicht- lich, dass die Farbe, die Dynamik und die Flüchtigkeit dieser instru- mentalen Klangwelt mit all ihren Unzulänglichkeiten dazu beitra- gen, die Spannung und das Aufsehen zurückzubringen, die diese phänomenalen Stücke in ihrer Zeit ausgelöst haben." 
Zur Erinnerung: Als Ludwig van Beethoven (1770 bis 1827) seine zehn Violinsonaten schuf - die ersten neun entstanden innerhalb we- niger Jahre, zwischen 1797 und 1803, die letzte folgte 1812 - waren solche Stücke üblicherweise Sonaten für Tasteninstrument mit optionaler Violine, die üblicherweise die Melodiestimme des Klaviers mitspielte. Schon Mozart machte daraus Sonaten mit obligatem Violinpart, der zudem deutlich eigenständiger wurde. Beethoven machte die Geige zum Kammermusikpartner; was seine Zeitgenossen nicht besonders begeisterte. Der große französische Virtuose Rodolphe Kreutzer, dem er die Violinsonate Nr. 9 op. 47 widmete, hat diese niemals öffentlich gespielt. 
Viktoria Mullova und Kristian Bezuidenhout ist es ein besonderes Anliegen, das Unerhörte, Innovative von Beethovens Violinsonaten auszuzeigen. Für diese CD wählten sie daher neben der dämonisch-intensiven Kreutzer-Sonate die freundliche, heitere Violinsonate
Nr. 3 Es-Dur
, op. 12 Nr. 3, und entschieden sich für ein historisches Instrumentarium. "Wir haben uns für ein Instrument der Firma Anton Walter & Sohn von 1822 aus der Sammlung Edwin Beunk entschieden, eine 'Maschine', sie die Sprache des frühen 19. Jahr- hunderts mit einem weit weniger starken Akzent als unsere modernen Klaviere spricht", erläutert der Pianist. "Die schmalen, lederbezogenen Hämmerchen sorgen für ein rasches Verklingen des Tones und führen somit zu einer größeren Transparenz, durch die nicht nur die Violinstimme mit größerer Leichtigkeit und Natürlich- keit hervortritt, sondern der Pianist sich überdies zum Experiment mit langen, nahezu impressionistischen Pedalwirkungen veranlasst sieht. Zudem führen die uneinheitlichen Anschlagspunkte zu Registern von deutlich unterschiedlicher Eigenart: Die knurrigen Basstöne, die pflaumenweiche Tenorstimme und der schlanke, harfenartige Klang im extremen Spitzenregister waren Merkmale, an denen sich sowohl die Spieler wie auch die Klavierbauer erfreuten. Überdies verführen diese Instrumente den Musiker dazu, bislang unbekannte Regionen des Pianissimo-Spiels zu erforschen (nament- lich durch das Dämpfungspedal, mit dem ein Filztuch zwischen Hämmer und Saiten geschoben wird)." 

Den Kammerton wählten die beiden Musiker bei 430 Hertz, was insbesondere der Guadagnini von Viktoria Mullova zu einem sonoren, dunkleren Klang und zu einer größeren Resonanz verhilft. Das Instrument, das hier mit dicken Darmsaiten und einem Barock- bogen von Walter Barbiero gespielt wird, lässt sich eine breite Palette an Klangfarben und Nuancen entlocken, reagiert aber mitunter auch sehr direkt und mit einer gewissen Ruppigkeit. Liebhaber historischer Klaviere werden viel Freude an dieser Einspielung haben; die Inter- pretation ist ansonsten Geschmackssache. 

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