Sonntag, 20. März 2011

Jiránek: Concertos & Sinfonias (Supraphon)

Frantisek Jiránek (1698 bis 1778) gehörte zu den Bediensteten des Grafen Wenzel Morzin. Dem war die musikalische Begabung dieses Pagen offensichtlich aufgefallen; 1724 schickte er ihn zur Ausbil- dung nach Venedig - möglicher- weise sogar direkt zu Antonio Vivaldi. Der böhmische Adlige und der maestro di musica in Italia waren einander nicht unbekannt; so widmete Vivaldi dem Grafen seine 12 Violinkonzerte Il cimento dell'armonia e dell'inventione, erschienen 1725 - zu diesen Konzerten gehören unter anderem die bekannten Vier Jahreszeiten. Graf Morzin gab bei dem Venezianer zudem Fagottkonzerte in Auftrag.
Im September 1726 war Jiránek zurück in Prag. Er musizierte in der Morzinschen Kapelle, die als eine der besten in Böhmen galt; zu seinen Kollegen gehörten zeitweise Antonín Reichenauer und Johann Friedrich Fasch. Als der Graf 1737 starb, wurde die Kapelle aufgelöst. Jiránek ging dann als Violinist nach Dresden, an den Hof Heinrichs von Brühl; er gehörte dort zu den am besten bezahlten Musikern. Nach dem Tode seines Dienstherrn 1763 wurde Jiránek pensioniert. Er starb 1778, im Alter von 80 Jahren, in Dresden.
Auf dieser CD sind einige seiner Werke in Weltersteinspielung zu hören; sie fanden sich, zumeist in Form von Abschriften, in diversen Archiven von Prag bis Stockholm. Die beiden Sinfonien stehen bereits an der Schwelle zur Frühklassik, während die vier Konzerte dem Vor- bild Vivaldis folgen, allerdings etwas modernisiert, nach den Regeln des galanten Stils. Ebenfalls nicht zu überhören ist ein gewisser Ein- fluss der böhmischen Musiktradition.
Besonders spannend erscheinen die beiden Fagottkonzerte. In der Kapelle des Grafen Morzin spielte der Fagottist Anton Möser, der ein ganz hervorragender Solist gewesen sein muss. Möglicherweise hat Jiránek sie für diesen Musiker geschaffen; in jedem Falle aber sind sie hochvirtuos, und sie reizen die Möglichkeiten des Barockfagotts in einer Art und Weise aus, die verrät, dass der Komponist genau wusste, wie er für dieses Instrument schreiben musste. Sergio Azzo- lini, Barockfagott, wird hier ganz schön gefordert. 
Marina Katarzhnova, Barockvioline, und Jana Semerádová, Travers- flöte, spielen die beiden anderen Konzerte. Sie sind ebenfalls klang- schön und musikalisch anspruchsvoll. Es musiziert das Collegium Marianum auf zeitgenössischen Instrumenten - und es beweist, dass nicht nur die Musik der großen Meister hörenswert ist. Auch die der weniger bekannten Komponisten sollte man mit Sorgfalt prüfen; oftmals sind es ja nur Zufälle, die darüber entscheiden, ob ein Werk in Vergessenheit gerät oder nicht. Dem Musikhistoriker Václav Kapsa haben wir nun für die Wiederentdeckung Frantisek Jiráneks zu danken. 

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