Sonntag, 12. Dezember 2010

Graupner: Frohlocke, werte Christenheit (cpo)

In Darmstadt war es in der Ad- ventszeit 1727 "nebelig und kalt", schrieb Hofkapellmeister Christoph Graupner (1683 bis 1760) seinerzeit in einem Brief. Vize-Hofkapellmeister Gottfried Grünewald war seit längerem erkrankt. Das war ein Problem, denn Grünewald war zugleich der einzige Vokal-Bassist der Hof- kapelle. 
So musste Graupner nicht nur sämtliche Werke für die Feiertage alleine liefern und die Auffüh- rungen leiten. Er musste sich außerdem etwas einfallen lassen, um das Fehlen des Sängers zu kompensieren: Wie bringt man einen Chor zum Klingen, ohne Bass? Am zweiten Feiertag aber feierte obendrein sein Dienstherr, Landgraf Ernst Ludwig, Geburtstag, so dass die Kirchen- kantate an diesem Tage besonders prächtig auszufallen hatte. 
Graupner löste das Problem, indem er Weihnachtskantaten kompo- nierte, die mit der in der Tat sehr ungewöhnlichen Besetzung Sopran - Alt - Tenor auskommen - und trotzdem so gut klingen, dass man längere Zeit fasziniert lauscht, bevor man bemerkt, dass diesem Ensemble eigentlich die tiefste Stimme fehlt. Eines dieser kuriosen Werke, die Kantate Von Gott will ich nicht lassen, erklingt auf dieser CD - wobei allerdings im Choral dann doch ein Bassist mitsingt; wer damals diese Partie übernommen hat, das wird wohl ein Geheimnis bleiben.
Die vier anderen Weihnachtskantaten Graupners, die für diese CD ausgewählt wurden, sind durchweg nach 1740 entstanden. Sie zeigen den Darmstädter Hofkapellmeister als überaus versierten Musiker, der auf Pauken und Trompeten verzichten kann - und mit Eleganz und Virtuosität überzeugt. 
Das gilt auch für die Musiker, die auf dieser CD zu hören sind: Veronika Winter, Sopran, Franz Vitzthum, Alt, Jan Kobow, Tenor und Markus Flaig, Bass ergeben ein überaus stimmiges Ensemble, das gemeinsam mit dem etablierten Barockorchester Das Kleine Konzert unter Hermann Max durch engagiertes Musizieren und präzise Klangrede begeistert. Bravi!

Keine Kommentare: