Mittwoch, 29. Dezember 2010

Borodin, Brahms: Cello-Sonaten (Ambitus)

Obwohl er eigentlich Mediziner und Professor für Chemie war, gehörte Alexander Borodin (1833 bis 1887) zu den führenden Köpfen des "Mächtigen Häufleins" - jener St. Petersburger Komponisten- gruppe, die eine von westeuropä- ischen Einflüssen freie, national eigenständige russische Musik schaffen wollte. Seine Sonate für Violoncello und Klavier h-Moll entstand wahrscheinlich in Hei- delberg, wo Borodin 1860 als Chemiker forschte. Das Werk ist in einer Handschrift überliefert, die nach der Exposition des dritten Satzes abbricht. Der Violinist und Komponist Michael Goldstein hat die Sonate vollendet und 1982 veröffentlicht.
Borodin, der selbst ein guter Cellist und mit den Möglichkeiten des Instrumentes daher bestens vertraut war, beginnt den ersten Satz mit einem Bach-Zitat. Bach bleibt auch Kern dieser Musik, die aber dennoch unverkennbar russisch-romantisch ist - jedenfalls in den beiden ersten Sätzen. Der dritte Satz ist moderner; außerdem hält Goldstein das Pathos, mit dem der Satz beginnt, nicht lange durch. So endet das Werk geradezu heiter, und hochvirtuos dazu. Das Leipziger Max-Reger-Duo - Hans-Georg Jaroslawski, Violoncello und Ulrich Urban, Klavier - musiziert, dass es eine Freude ist. Die beiden Solisten beeindrucken durch ihr exzellentes Zusammenspiel ebenso wie mit ihrem Sinn für musikalische Strukturen.
Jaroslawski, ein Schüler des legendären Friedemann Erben, und Urban, Professor für Klavier an der Hochschule für Musik Leipzig, zeigen auch anschließend bei der Sonate für Klavier und Violoncello F-Dur op. 99 von Johannes Brahms (1833 bis 1897), dass es durchaus vorteilhaft sein kann, wenn Musiker über einen langen Zeitraum regelmäßig gemeinsam konzertieren. Denn dieses Werk, das Brahms 1886 komponierte, fordert den Cellisten mit einem enorm schwieri- gen Part, den Pianisten mit einem Paradebeispiel für Brahms Neigung zum "vollgriffigen", orchestral angelegten Klaviersatz - und den Hörer aufgrund seiner Komplexität. In dieser Einspielung allerdings kann man das Werk genießen. Diese CD gehört für mich zu den besten Kammermusik-Aufnahmen des Jahres 2010. Unbedingt anhören!

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