Montag, 5. Juli 2010

Bach: Clavier-Übung II (Ramée)

"Unendliche Mühe habe ich mir gegeben noch ein Stück dieser Art von Bach aufzufinden. Aber ver- geblich. Diese Fantasie ist einzig und hat nie ihres Gleichen gehabt", schreibt Bach-Biograph Johann Nikolaus Forkel. "Sonderbar ist es, dass diese so außerordentlich kunstreiche Arbeit auch auf den allerungeübtesten Zuhörer Ein- druck macht, wenn sie nur irgend reinlich vorgetragen wird." 
Um diesen reinlichen Vortrag geht es Pascal Dubreuil. Der Cembalist, der als Professor am Conservatoire National de Région in Rennes unterrichtet, hat bereits den ersten Teil der Clavier-Übung einge- spielt und wurde dafür mit dem Preis der deutschen Schallplatten- kritik ausgezeichnet. Für den zweiten Teil wählte er erneut ein klang- starkes Instrument aus der Werkstatt von Titus Crijnen, Amsterdam, der sich auf Repliken berühmter Meisterinstrumente aus der Blütezeit des Cembalos spezialisiert hat - in diesem Falle handelt es sich um einen Nachbau eines Instrumentes des Antwerpener Cembalobauers Hans Ruckers II aus dem Jahre 1624.
Der charakteristische, satte Klang dieses Cembalos prägt die Einspie- lung ganz entscheidend. Besonders gut zur Geltung kommt er in den schnellen Sätzen, wo er furios, ja, beinahe orgelartig anbrandet - mit einem gewaltigen Bassfundament, das man einem Cembola so eigent- lich gar nicht zugetraut hätte. Beim Italienischen Konzert in F-Dur, BWV 971, ergeben sich durch die Manualwechsel, Bachs Anwei- sungen forte bzw. piano folgend, attraktive klagliche Gestaltungs- möglichkeiten. Mit der Französischen Ouvertüre, bekannt auch als Partita in h-Moll BWV 831, zeigt Bach auf, dass er auch den Stil à la francaise virtuos beherrscht - und mit den Modetänzen seiner Zeit bestens vertraut war. In den langsamen Teilen dieses Werkes hätte man sich allerdings eine etwas sanglichere Gestaltung gewünscht; dieses Cembalo gibt das her.
Dubreuil ergänzt das Programm durch Präludium, Fuge und Allegro BWV 998 - ein Tryptichon in Es-Dur, das der Cembalist als musika- lische Meditiation über die Dreifaltigkeit liest, den Regeln der klas- sischen Rhetorik gehorchend. Höhepunkt und Finale der Aufnahme aber ist seine Interpretation der Chromatischen Fantasie und Fuge BWV 903. Auch hier begeistert sich Dubreuil für die Idee, dieses Stück gleiche einer musikalischen Gerichtsrede nach dem Vorbild Ciceros und Quintilians. Der Zuhörer jedenfalls lässt sich von der Leidenschaft, mit der hier musiziert wird, gern mitreißen.

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