Dienstag, 25. Mai 2010

Mozart: Phantasia. Music for Basset Clarinet, Viola and Fortepiano (Ramée)

Es ist überliefert, dass Mozart die Flöte nicht mochte. Dafür aber gefiel ihm offenbar der Klang der Klarinette, über den ein Zeitgenos- se Mozarts schrieb, er sei "in Liebe zerflossenes Gefühl - so ganz der Ton des empfindsamen Herzens". An dieser Beschreibung scheint uns Mozart nicht ganz unschuldig zu sein, denn in seinen Werken bringt er den Klang der Klarinette zum Strahlen. Seine Kompositio- nen gaben dem Instrument einen Platz jenseits der damals üblichen Orchesterparts und der Harmoniemusik.
Mozart war mit dem böhmischen Klarinettenvirtuosen Anton Stadler eng befreundet war, und  schrieb zahlreiche Stücke für ihn. So auch das Trio für Klarinette, Viola und Klavier Es-Dur KV 498, das aus unerfindlichen Gründen bis heute als Kegelstatt-Trio bekannt ist. Dabei handelt es sich um anspruchsvolle Hausmusik, wie sie damals in Wien nicht ungewöhnlich war. Auch wenn sich heute wohl nur noch Profis an solche Werke wagen - den Klavierpart schuf der Komponist für seine Schülerin Franziska von Jacquin, in deren Hause das Werk dann offensichtlich auch erklungen ist. Die Bratsche dürfte Mozart selbst gespielt haben. 
Wie virtuos die Damen der "gehobenen Stände" das Pianoforte be- herrschten, das zeigt auch das zweite Werk auf dieser CD: Die Fantasie c-Moll KV 475 schrieb Mozart für Maria Theresa von Trattner, die Frau eines bedeutenden Wiener Verlegers, Druckers und Buchhänd- lers. Die Mozarts wohnten zur Miete in ihrem hochherrschaftlichen Hause, dem Trattnerhof. Die beiden Familien verkehrten freund- schaftlich miteinander; von Trattners waren Taufpaten für vier Mozart-Kinder. 
Das dritte und letzte Werk, die Grande Sonate pour Le Piano-Forte avec accompag. d'un Clarinette ou Violon obligé, erweist sich als eine Bearbeitung von Mozarts Klarinettenquintett A-Dur KV 581 für Pianoforte und Bassettklarinette. Sie wurde in der British Library aufgefunden - und erwies sich als eine hochinteressante Quelle, weil das Manuskript von Mozarts berühmtem Klarinettenquintett verloren ist, und die gedruckten Ausgaben einschließlich der Neuen Mozart-Ausgabe nachweislich mangelhaft sind. "Neben der Erstein- spielung der Grande Sonate war unser Hauptanliegen, mit dieser CD zu zeigen, dass wir uns hinsichtlich der ,Lektüre' von Mozarts Parti- turen noch immer in einem Lernprozess befinden", unterstreichen Anneke Veenhoff (Hammerklavier) und Nicole van Bruggen (Klarinette). Den Bratschenpart im Kegelstatt-Trio übernahm Jane Rogers.
Die Musikerinnen setzen aber nicht nur auf die Originalmanuskripte und auf Nachbauten historischer Instrumente, um sich Mozarts Musik anzunähern. Sie haben die gesamte CD zudem in einer histo- rischen Stimmung, der sogenannten Temperierung nach Prelleur, eingespielt. Der Unterschied ist ganz erstaunlich; insbesondere die Klangfarben der Fantasie erscheinen wie von einem Grauschleier befreit, und klangliche Nuancen werden hörbar, die man sehr erfreut zur Kenntnis nimmt.

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