Sonntag, 29. Mai 2022

Vivaldi: Stabat Mater (Erato)




 Für Jakub Józef Orliński ist Vivaldis Stabat Mater nicht irgendein Werk: „Seit ich in der Anfangszeit meines Studiums in Warschau einzelne Sätze zu Klavierbegleitung gesungen hatte, träumte ich von einer Aufführung der ganzen Komposition mit Orchester“, berichtet der Countertenor. 

Dieser Traum ist mittlerweile Wirklichkeit geworden. Seit knapp zehn Jahren pflegt Orliński Vivaldis Stabat Mater in seinem Konzertrepertoire, und die Corona-Zeit nutzte der Sänger nun, um auch ein Album aufzunehmen. Den Instrumentalpart übernahm dabei die Capella Cracoviensis unter Leitung von Jan Tomasz Adamus. 

Um es kurz zusammenzufassen: Dem polnischen Countertenor ist ohne Zweifel eine Referenzeinspielung gelungen. Orliński verzichtet auf jede vordergründige Demonstration stimmlicher Virtuosität. Er stellt seinen Gesang ganz in den Dienst am Text und macht damit die Trauer der um ihren gekreuzigten Sohn weinenden Mutter Maria fühlbar. Seine Interpretation ist durchweg schlüssig und von einer einzigartigen Intensität. 

Leider endet die CD bereits nach 18:25 Minuten. Die Audioaufnahme wird aber ergänzt durch ein Musikvideo, erstellt von Regisseur Sebastian Pańczyk mit Dobro Films und dem Sänger. 


Age of Passion (Raumklang)

 

Diese CD lädt ein, einem Dialog zwischen Viola da Gamba und Bandoneon zu lauschen. Barock und Moderne kommen abwechselnd zu Wort; sie kommunizieren jeweils in ihrer ureigenen Sprache und Form, dabei aber sehr respektvoll miteinander. 

Juliane Laake und ihr Ensemble Art d’Echo machen deutlich, dass die Unterschiede über die Jahrhunderte hinweg gar nicht so groß sind. Für dieses spannungsvolle Projekt haben die Gambisten sich Lothar Hensel, Bandoneon, eingeladen. Und so erklingen die Klagegesänge von John Dowland neben zeitgenössischen Kompositionen von Reiko Füting oder Luis Di Matteo und neben Tango-Klassikern von Astor Piazzolla oder Carlos Gardel. 

Die Musiker betören mit einem intensiven, farben- und facettenreichen Klang. Und spätestens bei Piazzollas Oblivion stellt der Zuhörer fasziniert fest: Geht es um Leidenschaft, dann ist das Elisabethanische Zeitalter mit seinen Seufzern und seiner Todesnähe der Gegenwart in Melancholie eng verbunden.